Portrait Ganz Baukeramik AG

«Die Manufaktur ist unsere DNA»

Corina und Guido Ganz bilden ein sympathisches Tochter-Vater-Gespann. Sie sind Teil der fünfköpfigen Geschäftsleitung der Ganz Baukeramik AG in Embrach (ZH). Das Führungsduo blickt auf eine spannende Vergangenheit zurück – und hat Ideen für die Zukunft.

Guido Ganz: «Weil wir unsere Partner gut kennen, können wir auch Inputs für die Produktion geben.»

Guido Ganz: «Weil wir unsere Partner gut kennen, können wir auch Inputs für die Produktion geben.»

Corina Ganz und ihr Vater Guido sind ein Führungsduo auf Augenhöhe.
Corina Ganz und ihr Vater Guido sind ein Führungsduo auf Augenhöhe.

«Du bist ein Phänomen!» Corina Ganz hat den Kopf zu ihrem Vater gedreht, der neben ihr am Konferenztisch sitzt. Das spontane Kompliment kommt ihr leicht über die Lippen, irgendwann im Gespräch, als die Rede aufs Ferienmachen kommt. Vater Guido Ganz bestätigt, Ferien brauche er kaum, er arbeite einfach sehr gern. Mit einem Arbeitspensum von 100 Prozent. Und das mit 83 Jahren. Die beiden leiten die Ganz Baukeramik AG gemeinsam. Eine fixe Aufgabenteilung haben sie nicht, abgesehen davon, dass nur die Tochter mit Computern arbeitet und nur sie ein Smartphone besitzt. Der Vater verlässt sich auf sein Nokia-Telefon einer sehr frühen Generation und auf sein offensichtlich ausgezeichnetes Gedächtnis.

Mehr als 200-jährige Geschichte
Sowohl Corina als auch Guido Ganz sind Frühaufsteher und treffen sich jeden Morgen um sieben Uhr zu einem Kaffee. Sie führen zusammen mit drei weiteren Personen in der Geschäftsleitung rund 80 Mitarbeitende, die Kachel-, Schwedenöfen und Cheminées sowie Boden- und Wandplatten herstellen, ausstellen und vertreiben.

Das Familienunternehmen und den Standort in Embrach (ZH) gibt es seit 1805. Guido Ganz übernahm die Führung der Firma, als er 23 Jahre alt war, als Vertreter der sechsten Generation. Mit Corina Ganz hat vor einigen Jahren die siebte Generation übernommen. Die heute 52-Jährige absolvierte eine kaufmännische Ausbildung und kam nach diversen Arbeitserfahrungen, unter anderem bei der Swissair, schliesslich vor 29 Jahren als Quereinsteigerin in die Firma. Vor über zehn Jahren holte sie sich das Rüstzeug für die Geschäftsführung bei einem berufsbegleitenden Studium der Betriebswirtschaft.

Tag und Nacht im Einsatz
Guido Ganz hatte als junger Mann vor, sich nach der Handelsschule und dem Militär an einer Schule in Deutschland zum Keramik-ingenieur ausbilden zu lassen. Als bei seinem Vater plötzlich gesundheitliche Probleme auftraten, musste er von einem Tag auf den anderen ins Unternehmen einsteigen. «Ich habe von der Pike auf alles gelernt», erinnert er sich. «Ich flickte die Maschinen, war Tag und Nacht in der Firma beschäftigt. Und ich machte es gern», betont er. Guido Ganz gelang es, den deutschen Markt aufzubauen, der für die Schweizer Firma noch heute ein wichtiges Standbein ist.

Die Ganz Baukeramik AG betreibt acht Filialen in der Schweiz. In ihren Ausstellungen ist der ganze Querschnitt durch das Sortiment zu sehen: Wand- und Bodenplatten in unzähligen Farben und Grössen für den Innen- und Aussenbereich, Schwedenöfen und Cheminées in unterschiedlichen Ausführungen sowie moderne und traditionelle Kachelöfen, bis hin zu exklusiven Modellen mit kunstvoll von Hand gefertigten Kacheln.

Langjährige Geschäftsbeziehungen
Die Technik der Öfen und ein Teil der Platten stammen von industriellen Herstellern in Europa, mit denen die Familie Ganz teilweise seit mehreren Jahrzehnten zusammenarbeitet. «Weil wir unsere Partner gut kennen, können wir hie und da auch Inputs für die Produktion geben oder Sonderwünsche äussern», sagt Guido Ganz. Ebenso wichtig wie diese Kooperationen ist aber die Manufaktur, die das Unternehmen am Hauptstandort in Embrach betreibt. «Die Manufaktur ist unsere DNA», betont Corina Ganz, bevor sie uns einlädt, einen Rundgang durch die Produktionsräumlichkeiten zu machen.

Dabei zeigt sich schnell, dass der Name «Manufaktur» nicht einfach ein Marketing-Gag ist, sondern dass das Handwerk tatsächlich die wichtigste Rolle spielt. Auf einem Vorplatz sind zwei Mitarbeiter damit beschäftigt, von Hand Platten für ein historisches Anwesen zu formen, auf dem der 400-jährige Boden ersetzt werden muss, weil er zerbröselt. Die Platten werden nach dem Austrocknen in einem grossen Brennofen in einem der Werkstattgebäude gebrannt.

Dieser Arbeit ging ein aufwendiger Prozess voraus, denn die neuen Bodenplatten sollen nicht nur solide sein und sich wieder ein paar hundert Jahre bewähren. Sie sollen sich auch optisch nahtlos ins historische Umfeld einfügen, müssen also «alt» und «gebraucht» wirken und vor dem Verlegen entsprechend bearbeitet werden. Für ein optimales Resultat wurden diverse Verfahren getestet.

Das Team der Ganz Baukeramik AG arbeitet häufig mit der Denkmalpflege zusammen. Corina und Guido Ganz sagen dazu: «Dieses Wissen wird von Generation zu Generation weitergegeben. Der Pioniergeist steckt in uns, und wir entwickeln die Techniken stetig weiter.» Auch für verschiedene Räume im Landesmuseum in Zürich hat das Unternehmen schon Bodenplatten angefertigt, ebenso für Schlösser und andere historische Gebäude. «Das einmalige Know-how hilft uns, auf dem Markt zu bestehen», sagt Corina Ganz. Aus Aufträgen für Museen oder für die öffentliche Hand ergäben sich manchmal wertvolle Kontakte zu privaten Kundinnen und Kunden.

Auch fürs Einfamilienhaus
«Unser Team ist auch in Einfamilienhäusern oder Eigentumswohnungen tätig. Auf Wunsch fertigen wir Kleinserien von Boden- oder Wandplatten in der Manufaktur an», betonen Vater und Tochter. «Wir legen grossen Wert auf Fachberatung.» Geliefert werde hauptsächlich an die Fachhandwerker. Aber auch Architekten, Generalunternehmer und private Bauherrschaften gehörten zur Kundschaft. 

Corina Ganz stellt fest, dass sich der Markt seit Corona verändert hat. «Regionalität und Transportwege spielen wieder eine wichtigere Rolle.» Entsprechend gefällt vielen Bauherrschaften der Gedanke, dass ihr Ofen oder ihre Keramikplatten aus der heimischen Umgebung und nicht aus einer Billigproduktion in Indien stammen. In dieser Philosophie, im Handwerk und im angesammelten Wissen sieht die Familie Ganz eine stabile Basis für die Zukunft.

Die beeindruckenden Brennöfen in der Werkstatt sind Tag und Nacht in Betrieb. Zentral ist die optimale Auslastung aller Brennöfen, was eine genaue und systematische Planung der Produktion und Auslieferung voraussetzt. «Unsere Kommunikation ist direkt, die Hierarchien im Betrieb sind flach», sagt Corina Ganz auf die Frage, wie sie die Führung ihres mittelständischen Betriebs beschreiben würde. «Bei uns geht es familiär zu. Unsere Bürotüren sind immer offen.» 

Ob die nächste Ganz-Generation in die Fussstapfen der jetzigen Führungsriege treten wird, steht in den Sternen. Tim, der Sohn von Corina Ganz, absolviert derzeit seine Keramikerlehre im Familienbetrieb. Er ist einer der zwei Mitarbeiter, die auf dem Vorplatz von Hand Platten anfertigten. Druck wird auf ihn aber ganz sicher nicht ausgeübt, wie das Führungsduo betont. «Wir lassen es auf uns zukommen.»

Ganz Baukeramik AG

Corina Ganz: «Das einmalige Know-how hilft uns, auf dem Markt zu bestehen.»

Corina Ganz: «Das einmalige Know-how hilft uns, auf dem Markt zu bestehen.»

«Der Pioniergeist steckt in uns.»

«Der Pioniergeist steckt in uns.»

Weitere Inspirationen zu den Themen Bauen, Wohnen, Haus und Garten gibt es in der Ausgabe 6/24 vom Magazin DAS EINFAMILIENHAUS.

Text: Rebekka Haefeli, Fotos: Gaëtan Bally
aus dem Magazin: Das Einfamilienhaus, Zeitschrift Nr. 6/2024

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