Mit Smarthome-Technologie können ältere Menschen länger unabhängig in den eigenen vier Wänden leben. Auch wer durch Unfall oder Krankheit beeinträchtigt ist, weiss Unterstützung zu schätzen.
Die digitale Assistentin «Anne» hilft Seniorinnen und Senioren dabei, den Alltag zu strukturieren. www.hslu.ch
Die Zahlen zur Altersentwicklung der Schweizer Bevölkerung in den kommenden Jahren sind eindeutig: Die Babyboomer gehen in den Ruhestand. Nach Angaben der Ostschweizer Fachhochschule in Rapperswil «wird die Anzahl der über 65-Jährigen von 1,5 Mio. (2015) auf 2,17 Mio. (2030) steigen». Auch die Zahl der Höchstbetagten mit einem Alter von 95 Jahren oder älter verzeichne eine stark steigende Tendenz.
Länger zuhause
Wie und wo sollen, wollen und werden diese Menschen ihren Lebensabend verbringen? Im Idealfall zuhause in der gewohnten Umgebung. Möglichst unabhängig und – je nach Verfassung – einigermassen mobil. Gefragt sind daher Technologien, die dies möglich machen, um den Pflegesektor, aber auch die Angehörigen und somit die Gesellschaft insgesamt zu entlasten. Das Fachgebiet, das sich dieser Aufgabe widmet, nennt sich «Ambient Assisted Living» oder auch «Active Assisted Living», beides abgekürzt mit AAL. Das bedeutet so viel wie altersgerechte und umgebungsbezogene Assistenzsysteme. Diese sollen die Gesundheit und Selbständigkeit älterer Menschen erhalten, höhere Lebensqualität für Personen mit physischen Beeinträchtigungen ermöglichen und soziale Isolation vermeiden.
Altersbezogene Assistenzlösungen lassen sich einzeln anwenden oder in herkömmliche Smarthome-Systeme integrieren. Mohammad-Reza Tazari vom Fraunhofer Institut IGD in Darmstadt erläutert den Zusammenhang zwischen den Technologien: «Während beim Smart Home die Steuerung und die Information im Fokus stehen – also etwa das Licht anzupassen oder auch eine Benutzeroberfläche, mit der sich die Stromverbräuche optimieren lassen – gehen wir hier einen Schritt weiter: Wir greifen aufgrund der Daten assistierend in die Geschehnisse ein.»
Wie alle Altersklassen von moderner Smarthome-Technologie profitieren, lässt sich im Magazin DAS EINFAMILIENHAUS erfahren. Die Ausgabe 3/2021 lässt sich hier online bestellen.
Mit einem Bungalow lässt sich barrierefreies Wohnen auf einer Ebene realisieren. www.weberhaus.ch
Idealerweise ergänzen sich bauliche und elektronische Massnahmen für barrierefreies Wohnen. www.lebensphasenhaus.de
Digitale Kompetenz der Generation 65+
Elektronische Assistenztechniken
basieren auf digitaler Vernetzung. Eine Hemmschwelle für Seniorinnen
und Senioren? Keineswegs, die Generation 65+ zeigt sich erstaunlich
aufgeschlossen gegenüber Internet und Smartphone. Das geht aus der
Studie «Digitale Senioren 2020» hervor, die das Zentrum für Gerontologie
der Universität Zürich für die Organisation Pro Senectute Schweiz
erstellt hat. Demnach sind 74 Prozent der Seniorinnen und Senioren
online unterwegs. Zum Vergleich: Bei der ersten Studie 2010 waren es
noch 38 Prozent. Die Jungsenioren (65–69 Jahre) nutzen sogar zu 95
Prozent das Internet und können somit im Umgang mit digitalen
Kommunikationstechnologien mit der jüngeren Bevölkerung mithalten. Erst
die Gruppe der Hochbetagten ist weniger im Internet unterwegs. Die
Nutzung beträgt bei den 80- bis 84-Jährigen laut Studie 54 Prozent und
bei den über 85-Jährigen immerhin noch 35 Prozent. Auch bei der Nutzung
des mobilen Internets erweisen sich ältere Menschen als fortschrittlich.
So nutzen mittlerweile 69 Prozent der Befragten ein Smartphone, 81
Prozent davon täglich.
Entscheidend für die Akzeptanz sei, so Pro
Senectute, ob die älteren Personen einen direkten Nutzen in der
Anwendung von technischen Geräten und digitalen Anwendungen erkennen.
Nur dann seien sie auch bereit, diese zu erlernen und zu nutzen. Dass
digitale Kommunikationskanäle für die gesellschaftliche Teilhabe extrem
wichtig sind, hat sich während der Coronapandemie gezeigt. Viele
Familien pflegten über Videokonferenzen die Kontakte. «Unsere
Erfahrungen zeigen, dass ältere Menschen die Nutzung digitaler Angebote
infolge der Coronakrise intensiviert und ihre digitalen Kompetenzen
ausgebaut haben», sagt Alain Huber, Direktor von Pro Senectute. Digitale
Hilfsmittel förderten aber nicht nur die gesellschaftliche Teilhabe
älterer Menschen, sie erhöhten auch Autonomie und Mobilität. So habe die
Studie deutlich gemacht, dass sich ältere Menschen dank des Internets
selbstständiger und unabhängiger fühlten.
Text: Joachim Hoffmann
aus: Das Einfamilienhaus, Heft Nr. 3/2021